Im Werk Holdorf beginnt für
Kunststoff ein neues Leben.

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Im Werk Holdorf beginnt für Kunststoff

ein neues Leben.

Wie können wir Ressourcen sparen? Dies ist für Otto Bavendiek keine theoretische Frage, sondern ein Arbeitsauftrag: Sein Fachgebiet bei Pöppelmann ist der Einsatz von Rezyklaten in der Kunststoffverarbeitung. Oder anders: Er beherrscht die Kunst, aus alt neu zu machen.

Dicht an dicht reihen sich die großen Ballen mit Kunststoffresten im Rohstofflager des Pöppelmann-Werkes Holdorf aneinander. Etikettenaufdrucke von Getränkeflaschen sind auf den Folienrollen zu sehen, direkt daneben Vliesstoffe aus der Windelproduktion. Werksleiter Otto Bavendiek zeigt auf riesige Transportsäcke in einem anderen Bereich der Halle: Die Bigbags sind prall gefüllt mit bunten Kunststoffplättchen, Mahlgut aus alten Gartenmöbeln.

 

Ein Besuch im Pöppelmann-Werk in Holdorf, oder, wie man bei Pöppelmann sagt, in der „Compoundierung“: Hier sammelt das Unternehmen seit 2013 wegweisende Erfahrungen in der Kunststoffaufbereitung, um den Verbrauch fossiler Rohstoffe zu verringern. „Wir stellen Rezyklat aus industriellen Kunststoffabfällen her“, fasst Otto Bavendiek den Aufgabenbereich seines Teams zusammen. Ein Pöppelmann-Auflieger pendelt täglich zwischen Lohne und Holdorf: Denn die Holdorfer Produkte fließen zurück in die Silos im Lohner Werk 1.

 

Bevor Otto Bavendiek, Industriemeister Kunststoff- und Kautschuktechnik, Werksleiter in Holdorf wurde, leitete er die Druckerei in der Division TEKU®. Das Bedrucken von Pflanztöpfen ist eine diffizile Arbeit, die genaue Materialkenntnisse verlangt. Und auch das hat mit Recycling zu tun: Denn TEKU® verwendet bereits seit Anfang der neunziger Jahre Reste aus der industriellen Produktion (PIR) für die Herstellung der international gefragten Gartenbauprodukte aus Lohne. So kannte Otto Bavendiek sich mit den Anwendungsmöglichkeiten von recycelten Kunststoffen bestens aus, als er 2013 gefragt wurde, ob er die Leitung der Compoundierung übernehmen wolle: Dort war er mit diesem Fachwissen genau richtig.

 

Was bedeutet „Compoundierung“ eigentlich? Es klingt komplizierter, als es ist: „To compound“ heißt „zusammensetzen“, und was es damit in der Kunststoffverarbeitung auf sich hat, erklärt der Werksleiter gern. „Ziel bei der Compoundierung ist es, die technischen Eigenschaften der Kunststoffabfälle durch Zugabe von weiteren Komponenten zu verändern beziehungsweise einzustellen.“ Denn jedes Produkt hat ganz bestimmte Anforderungen: „Manche müssen besonders schlagfest sein, manche hitzebeständig, manche lichtundurchlässig, manche biegsam“, sagt der Experte. Auch Farben gehören zu den hinzugefügten Komponenten, den sogenannten Additiven. „Regranulat“ und „Regenerat“ sind die Fachbegriffe für die Holdorfer Pöppelmann-Produkte: Regranulat wird aus Mahlgut über einen Schmelzprozess als Granulat gewonnen. Ebenso ist es beim Regenerat, dem jedoch zudem durch einen Entgasungsprozess Feuchtigkeit und flüchtige Bestandteile entzogen und Additive hinzugefügt wurden. Der Oberbegriff für beides lautet Rezyklat.

 

In der Produktionshalle der Compoundierung bringen die Arbeiter unterdessen die Kunststoffabfälle aus dem Rohstofflager in Position für den Start in ein neues Produkt-Leben. Auf der linken Seite der Halle steht der Extruder, mit dem 2013 der Betrieb zur Herstellung von Rezyklat begann. Ein Fließband befördert die Kunststoffreste in Richtung Schredder. Anschließend werden Störstoffe wie Pappe und Metall aus dem zerkleinerten Material herausgefiltert, im Anschluss entsteht im Extruder eine homogene Kunststoffschmelze. Am Ende dann rieseln kleine Kunststoffkörner – das Granulat –  in den Sammelbehälter.

 

 

Bevor das Material das Werk verlässt, muss es einen ersten Check bestehen: Bereits in Holdorf werden Qualität und Eigenschaften des Pöppelmann-Rezyklats geprüft. Eine Spritzgussmaschine formt Regranulat und Regenerat zu Kunststoffplättchen, „Material-Abmusterung“ nennen die Fachleute diese Überprüfung. „Hier testen wir unter anderem die Fließgeschwindigkeit und die Schlagfestigkeit des Rezyklats“, sagt Otto Bavendiek. Die Eigenschaften sind entscheidend für die weitere Verarbeitung – zum Beispiel in der Division TEKU®. Hier gehört Markus Meinke, bei TEKU® Leiter Technik und Prozesse, zu denjenigen, die das Rezyklat aus Holdorf verarbeiten – nicht ohne es zuvor kritisch in Augenschein zu nehmen. „Das Verfahren in unserer Wareneingangsprüfung ist standardisiert, es gilt wie für alle Lieferanten auch für unsere eigenen Rezyklate aus Holdorf“, erklärt er. Denn auch ein vermeintlich einfaches Produkt wie ein Pflanztopf ist angewiesen auf besten Material-Input. Nur dann können die Gartenbaubetriebe ihn reibungslos in ihre mittlerweile hochautomatisierten Prozesse integrieren.

 

Zu Beginn der Rezyklatproduktion im Pöppelmann-Werk Holdorf wurden ausschließlich post-industrielle Abfälle zu Post-Industrial-Rezyklat (PIR) verarbeitet. Die Verarbeitung von neuwertigen Produktionsresten ist ein wichtiger Beitrag zur Schonung der Ressourcen. Doch um die Ziele der Kreislaufwirtschaft umzusetzen, muss man einen Schritt weitergehen: Der Materialkreislauf schließt sich nur mit der Verarbeitung von Kunststoffabfällen – beispielsweise aus dem Gelben Sack oder gewerblichen Sammlungen. Nur wenn aus diesen Abfällen neue Produkte auf gleicher oder höherer Qualitätsstufe hergestellt werden, kann man von einem „echten Materialkreislauf“ sprechen.

 

So war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Rezyklatproduktion in Holdorf im Rahmen der strategischen Unternehmensinitative  PÖPPELMANN blue erweitert wurde: 2019 stieg man hier in die Herstellung von Post-Consumer-Rezyklaten (PCR) ein – mit der Verarbeitung von bereits nach Kunststoffart sortiertem, geschreddertem und gewaschenem Mahlgut aus gebrauchten Kunststoffen.

 

Grundsätzlich gilt: „Für die Compounds, die Pöppelmann herstellt, hat das Unternehmen die gleichen Qualitätsansprüche wie für alle Produkte, die es ausliefert”, betont Otto Bavendiek. Eine Unternehmensstrategie, die sich nun auszahlt: Denn Pöppelmann kann jetzt mit seinem ersten eigenen technischen Compound auf den Markt gehen. Entwickelt wurde es für ein Produkt, das ein namhaftes Unternehmen aus der Automotivebranche bei der Pöppelmann-Division K-TECH® in Auftrag gab.

Ein Meilenstein, so die einhellige Einschätzung aller Beteiligten im Unternehmen. Denn gerade in der Automobilbranche ist man aus Gründen der Qualitätssicherung gegenüber dem Einsatz von Rezyklaten höchst zurückhaltend. Schließlich gelten die Standards, die einzuhalten sind, weltweit. Otto Bavendiek ist überzeugt, dass Pöppelmann mit dem Aufbau der eigenen Compoundierung genau die richtige Entscheidung getroffen hat. „Mit unseren umfassenden und langjährigen eigenen Erfahrungen können wir heute selbst an neuen Lösungen zur Qualitätssteigerung der Rezyklate arbeiten.“ Auch Markus Meinke sieht die Zukunft der Branche darin, den Verbrauch fossiler Rohstoffe zu minimieren: „Das sieht man ja tatsächlich auch daran, dass selbst in der Automobilbranche der Einsatz von Rezyklaten mittlerweile ein Thema ist. Da sind die technischen Anforderungen nochmal um einiges höher. Genau da liegen große Chancen für unsere Compoundierung: Hier können wir die Materialeigenschaften ganz gezielt beeinflussen.“

 

Er weist zudem auf künftige Herausforderungen hin: „Mittlerweile haben die meisten Kunststoffverarbeiter für ihre sortenreinen Produktionsabfälle Lösungen für eine Wiederverwertung gefunden. Daher wird die Verfügbarkeit dieses Materials zwangsläufig abnehmen.“ Eine Marktlage, deren Konsequenzen sein Kollege Lukas Scheeben, bei Pöppelmann zuständig für den Einkauf des Rohmaterials, tagtäglich zu spüren bekommt: „Auf diesem Markt ist eine Menge in Bewegung geraten“, erklärt er. Es werde schwieriger, für die Verwertung geeignete gebrauchte Kunststoffmaterialien zu einem wirtschaftlich verantwortbaren Preis einzukaufen.

 

Nicht zuletzt durch den aktuellen gesellschaftlichen Druck auf die Kunststoffbranche ist die Verarbeitung von Rezyklaten mittlerweile ein marktbestimmender Trend. Auch dadurch sieht sich Otto Bavendiek in den Zielen seiner Arbeit bestätigt: „Mit dem Werk Holdorf verfügen wir heute über eigenes technologisches Know-how für entscheidende Zukunftsfragen der Branche.“

Mehr im GRI-Bericht:

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